SmED in Notaufnahmen
Eine Überlastung der Notaufnahme durch zu hohe Patient:innenzahlen (Crowding) kann die Qualität der medizinischen Versorgung von Notfällen beeinträchtigen. Notaufnahmen können entlastet werden, indem Patient:innen mit niedrigerer Behandlungsdringlichkeit in eine angemessene Versorgungsalternative gesteuert werden. Voraussetzung ist das schnelle und sichere Erkennen einer vertragsärztlichen Behandelbarkeit.
Durch einen strukturierten, qualitätsgesicherten und evidenzbasierten Abfrage-Prozess unterstützt SmED die Akteure in der Notaufnahme bei der Entscheidung zur Umsteuerung von Patient:innen mit nicht-dringlicher Symptomatik. SmED ergänzt so die Triagierung mit Triagesystemen wie MTS oder ESI und kann zur Reduzierung von Crowding beitragen.
SmED unterstützt beim Umsteuern, u.a. durch das schnelle und sichere Erkennen einer vertragsärztlichen Behandelbarkeit und bietet technische Lösungen für die Anbindung an Patient:innen-Zuweisungssysteme der Kassenärztlichen Vereinigung und des Rettungsdienstes.
Ein weiterer Vorteil ist die vollständige Dokumentation des SmED-Prozesses. Alle Abfragen und Antworten der Patient:innen, die daraus folgende Empfehlung von SmED sowie die letztendliche Entscheidung der handelnden Akteure werden erfasst. Zusammen mit dem Status als Medizinprodukt der Klasse IIb MDD garantiert SmED den Nutzern damit höchstmögliche Sicherheit in allen Haftungsfragen.
G-BA Richtlinie Ersteinschätzungsverfahren
Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Erstfassung der Richtlinie zur Ersteinschätzung des Versorgungsbedarfs in der Notfallversorgung gemäß § 120 Absatz 3b SGB V (Ersteinschätzungs-Richtlinie).
Auszüge der Richtlinie finden Sie hier – farblich abgesetzt – ergänzt um die entsprechenden fachlichen Informationen zu SmED.
Einsicht: Beschluss
§1 Ziel der Richtlinie
(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt Vorgaben zur Durchführung einer qualifizierten und standardisierten Ersteinschätzung des medizinischen Versorgungsbedarfs von Hilfesuchenden, die sich zur Behandlung eines Notfalls nach § 76 Absatz 1 Satz 2 SGB V an ein Krankenhaus wenden.
(2) Krankenhäuser dürfen von gesetzlich Krankenversicherten für ambulante Behandlungen grundsätzlich nur in Notfällen im Sinne von § 76 Absatz 1 Satz 2 SGB V in Anspruch genommen werden.
(3) Die Ersteinschätzung dient unabhängig davon, ob das Krankenhaus an der gestuften stationären Notfallversorgung teilnimmt oder nicht, der Feststellung, ob ein für die ambulante Notfallbehandlung im Krankenhaus gemäß § 76 Absatz 1 Satz 2 SGBV erforderlicher sofortiger Behandlungsbedarf vorliegt.
§2 Anwendungsbereich des Ersteinschätzungsverfahrens
(1) Bei gesetzlich Krankenversicherten, die mit einem von ihnen für dringend gehaltenen gesundheitlichen Anliegen eigenständig ein Krankenhaus aufsuchen oder bei denen im Rettungswagen kein unmittelbar behandlungsbedürftiger, lebensbedrohlicher Zustand festgestellt wurde (nachfolgend: „die Hilfesuchenden“), ist ein qualifiziertes und standardisiertes Ersteinschätzungsverfahren nach dieser Richtlinie durchzuführen. Hilfesuchende, die aufgrund einer ärztlichen Verordnung von Krankenhausbehandlung ins Krankenhaus kommen, fallen nicht unter diese Regelung.
(2) Das in dieser Richtlinie geregelte Ersteinschätzungsverfahren erfolgt unter Berücksichtigung des strukturierten und validierten Systems zur Behandlungspriorisierung bei der Erstaufnahme von Notfallpatientinnen und -patienten gemäß § 12 Nummer 2 der Regelungen des Gemeinsamen Bundesausschusses zu einem gestuften System von Notfallstrukturen in Krankenhäusern nach § 136c Absatz 4 SGB V. Das Ersteinschätzungsverfahren wird in der zentralen Notaufnahme (nachfolgend: „ZNA“) des Krankenhauses durchgeführt. Die ZNA ist eine räumlich abgegrenzte, fachübergreifende Einheit mit eigenständiger fachlich unabhängiger Leitung und grundsätzlich barrierefreiem Zugang.
(3) Die Vorgaben gelten für sämtliche nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäuser, die für Hilfesuchende ambulante Notfallleistungen nach § 76 Absatz 1 Satz 2 SGB V erbringen.
§3 Anforderungen an das Ersteinschätzungsverfahren und das Ersteinschätzungsinstrument
SmED ist eine strukturierte medizinische Ersteinschätzung und validierte Software, die bereits Anwendung in zentralen Notaufnahmen in Deutschland vorweist.
(1) Für die Ersteinschätzung der Dringlichkeit des Behandlungsbedarfs von Hilfesuchenden und der geeigneten Versorgungsebene ist vom Krankenhaus ein qualifiziertes und standardisiertes Verfahren einzusetzen. Das Ersteinschätzungsverfahren muss relevante Symptome und Risikomerkmale für abwendbar gefährliche Krankheitsverläufe erkennen.
Durch einen strukturierten, qualitätsgesicherten und evidenzbasierten Abfrageprozess unterstützt SmED in der Notaufnahme bei der Entscheidung zur Steuerung von Patienten. Abwendbar gefährliche Krankheitsverläufe werden ebenso zuverlässig erkannt, wie versteckte Notfälle bei scheinbar weniger dringlicher Symptomatik. SmED ergänzt die Triagierung mit Triagesystemen wie MTS oder ESI um weitere Dringlichkeitsstufen sowie die geeignete Versorgungsebene. SmED kann hierdurch zur Reduzierung von Crowding beitragen.
(2a) Patientensicherheit: Unerwünschte Ereignisse müssen durch die Ausgestaltung der Entscheidungskriterien erfasst und, sofern sie auf Fehler im Entscheidungsprozess des Verfahrens zurückzuführen sind, durch Optimierung des Verfahrens für die Zukunft vermieden werden.
Von 2020 bis 2022 wurde eine klinische Studie am Kantonspital Baden durchgeführt. In der Notaufnahme haben sich Patienten der ESI-Stufen 2-5 über ein Tablet mit der Schweizer Patientenversion von SmED selbsteingeschätzt. Im Nachgang wurde die Zusammenfassung des Assessments sowie der Entlassungsbericht nach einem speziellen Verfahren von 3 unterschiedlichen Expertenpanels bewertet. Die Bewertung hat ergeben, dass der Anteil an Ersteinschätzungen, die zu einer Gesundheitsschädigung der Nutzenden hätte führen können, geringer ist als beim bestehenden Standard der medizinische Telefonberatung / Teletriage. Demnach kann der Einsatz von SmED die medizinische Ersteinschätzung sicherer machen.
Eine zweite klinische Studie zur Patientensicherheit von SmED wird von den Studienzentren Charité und Uniklinikum Leipzig gemeinsam mit dem Zi durchgeführt. Die Rekrutierung der Teilnehmenden wurde bereits abgeschlossen und die Bewertung durch ein Expertenpanel startet in Kürze. Mit ersten Ergebnissen rechnen wir im Laufe des Jahres 2023.
Durch Rückmeldeprozesse, Qualitätszirkel und Anwenderkonferenzen sowie weitere qualitätssichernde Maßnahmen kommt es zu einer kontinuierlichen Verbesserung sowie Erweiterung von SmED.
(2b) Diskriminationsfähigkeit: Das Ersteinschätzungsverfahren muss sowohl dazu geeignet sein, lebensbedrohliche Zustände und abwendbar gefährliche Krankheitsverläufe innerhalb von einer Minute zu erkennen als auch Behandlungsanlässe mit geringer oder fehlender Dringlichkeit zu identifizieren. Das Ersteinschätzungsverfahren kann Fälle mit gleicher Leitsymptomatik bei unterschiedlichem Schweregrad unterscheiden. Nebendiagnosen ohne medizinischen Einfluss auf den akuten Behandlungsanlass dürfen sich nicht schweregraderhöhend auswirken. Im Rahmen des Ersteinschätzungsverfahrens dürfen ausschließlich medizinische Erfordernisse Einfluss auf die Entscheidung nehmen.
SmED kann durch seine Vortriage lebensbedrohliche Notfälle in weniger als einer Minute erkennen. Der Vortriage von SmED nachgelagerte Hauptteil identifiziert relevante Symptome und und die zugehörigen Risikofaktoren über Frage-Antwort-Kombinationen. Die zugrunde liegenden Gewichtungen der Frage-Antwort-Kombination ermöglichen eine zuverlässige Diskrimination unterschiedlicher Schweregrade von Erkrankungen/Verletzungen sowie der entsprechenden Behandlungsdringlichkeit und geeigneten Versorgungsebene.
Anamnestische Nebendiagnosen, die keinen Einfluss auf den akuten Beratungsanlass haben, erhöhen hierbei nicht das Ergebnis der Ersteinschätzung mit SmED.
(2c) Vollständigkeit: Das Ersteinschätzungsverfahren bildet alle in der Akut- und Notfallversorgung auftretenden Behandlungsanlässe ab (z. B. auf der Basis des Canadian Emergency Department Information System (CEDIS-Katalog)) und umfasst alle Altersgruppen.
SmED umfasst alle Altersgruppen und bildet CEDIS Behandlungsanlässe ab.
(2d) Objektivität: Das Ersteinschätzungsverfahren ermöglicht die Durchführung, Auswertung und Interpretation der Ersteinschätzung unabhängig vom Einsatzort und von der ersteinschätzenden Person.
Zur Nutzung von SmED ist die Anbindung an einen zuverlässigen Webanschluss Voraussetzung, da SmED eine webbasierte Software ist. Die Anwender von SmED werden vor Nutzung von SmED geschult und garantieren einen fortwährenden Einsatz der Software bei gleichbleibend hoher Qualität.
(2e) Reliabilität: Das Ergebnis der Ersteinschätzung kann mit dem gleichen oder einem vergleichbaren Ersteinschätzungsverfahren bestätigt werden.
Das Ergebnis von SmED gibt bei identischer Anwendung stets das identische Ersteinschätzungsergebnis vor. SmED in der ZNA basiert auf Notfallindikationslisten und ist somit ein vergleichbarer und zuverlässiger Standard.
(2f) Validität: Das Ersteinschätzungsverfahren bestimmt strukturiert und validiert zutreffend zunächst die Behandlungsdringlichkeit von Hilfesuchenden und bildet diese in fünf Dringlichkeitsstufen im Sinne der Triagesysteme Manchester Triage System (MTS) oder Emergency Severity Index (ESI) (Stufe 1 = höchste Dringlichkeitsstufe, Stufe 5 = niedrigste Dringlichkeitsstufe) ab. Außerdem ermittelt es die Dringlichkeitsgruppen und, sofern erforderlich, die sachgerechte Versorgungsebene nach § 5 Absatz 3.
SmED gibt aktuell 4 Dringlichkeitsstufen aus. Eine verbundene Ersteinschätzung mit MTS oder ESI ergibt eine etablierte Einstufung der Hochrisikopatienten und eine valide Steuerung von Niedrigrisikopatienten durch Erweiterung der Dringlichkeitsstufen im niedrigen Bereich und Empfehlung zur sachgerechten Versorgungsebene.
(2g) Stand der medizinischen Erkenntnisse: Die notfallmedizinischen Inhalte des Ersteinschätzungsverfahrens müssen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen und den medizinischen Fortschritt berücksichtigen. Dies schließt eine stetige Aktualisierung und Optimierung der Inhalte im Hinblick auf die in diesem Paragrafen formulierten Anforderungen ein.
SmED wird regelmäßig wissenschaftlich begleitet und klinisch evaluiert. SmED entspricht damit stets den aktuellen Erkenntnissen der Medizin. Durch die Webanwendung können Updates in Echtzeit hochgeladen werden, sodass aller Anwender auf der aktuellen Softwareversion arbeiten.
Es gibt Feedbacksysteme, einen Kundenservice sowie einen medizinischen Beirat, welcher regelmäßig die Qualität der Anwendung überprüft, Kundenfeedback an den Hersteller weiterleitet und das System auf dem neuesten Stand der medizinischen Erkenntnisse hält.
(2h) Ergebnisbericht: Möglichkeit der Dokumentation und Ausgabe eines digitalen Ergebnisberichts mit den in § 5 Absatz 4 festgelegten Mindestinhalten.
SmED gibt einen vollständigen, strukturierten Ergebnisbericht aus. Dieser kann strukturiert über eine HL7-FHIR-Schnittstelle an das führende System (z.B. elektronischen Krankenhausinformationssystem) zur Dokumentation und weiteren Verarbeitung übertragen werden.
(3a) IT-Fähigkeit und Dokumentationsfähigkeit: Das Ersteinschätzungsinstrument muss eine Schnittstelle enthalten, die anbieterunabhängige Interoperabilität im Gesundheitswesen sowie eine Integration in das IT-System der Notaufnahme zur Dokumentation und Weiterleitung der erhobenen Daten gewährleistet.
SmED unterstützt die offene und gängige HL7-FHIR-Schnittstelle und kann damit in alle gängigen IT-Systeme für Notaufnahmen integriert werden. Dadurch ist die Weiterleitung von Dokumentationen gewährleistet.
(3b) Medizinprodukt: Für das Ersteinschätzungsinstrument muss eine den aktuellen Anforderungen der EU-Verordnung über Medizinprodukte (nachfolgend: MDR) entsprechende Konformitätsbescheinigung durch eine Benannte Stelle als Medizinprodukt (derzeit der Klasse IIa) im Sinne der MDR vorliegen (übergangsweise mindestens eine Konformitätsbescheinigung nach der Medizinprodukterichtlinie 4 (MDD)) und ein technischer Rund-um-die-Uhr-Service zur Beseitigung von Störungen bestehen.
SmED ist ein Medizinprodukt der Klasse I (MDD) und befindet sich im Zertifizierungsprozess zum Medizinprodukt Klasse IIb (MDR) durch die benannte Stelle (TÜV Rheinland) mit entsprechender Konformitätsbescheinigung. Ein technischer Rund-um-die-Uhr-Service steht den Kunden entgeltpflichtig zur Verfügung.
§7 Einbeziehung ärztlichen Personals vor der Weiterleitung in die vertragsärztliche Versorgung
Bevor eine Codevergabe für Hilfesuchende der Dringlichkeitsgruppe 2 erfolgt, prüft ein Facharzt oder eine Fachärztin des Krankenhauses, die oder der fachlich und organisatorisch eindeutig der Versorgung von Notfällen zugeordnet ist, auf Basis des Ergebnisberichts der Ersteinschätzung gemäß § 5 Absatz 4 den durch das Ersteinschätzungsverfahren vorgeschlagenen Ressourcenbedarf und das vorgeschlagene medizinisch vertretbare Zeitfenster bis zur Behandlung. Die Hinzuziehung kann persönlich oder über eine telemedizinische Anbindung erfolgen.
SmED erfordert ausdrücklich nicht das Hinzuziehen eines Facharztes oder einer Fachärztin des Krankenhauses. Das Medizinprodukt kann durch hinreichend geschultes Fachpersonal angewendet werden.
§10 Geltung, Übergangsregelungen
(1) Die Richtlinie ist ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens für alle Krankenhäuser im Sinne von § 2 Absatz 3 verbindlich, soweit Absatz 2 bis 5 nichts Abweichendes bestimmen.
(2) Zum Erreichen der Qualifikationsanforderungen des eingesetzten Personals nach § 4 gilt eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2026. Bis zum Erreichen der Übergangsfrist wird für die Pflegekräfte nach § 4 Absatz 2, die das Ersteinschätzungsverfahren durchführen, auf die Anforderung der Zusatzqualifikation „Notfallpflege“ verzichtet. Bis zum Erreichen der Übergangsfrist nach Satz 1 können examinierte Pflegekräfte mit mindestens zweijähriger Berufserfahrung in der inner- oder außerklinischen Notfallversorgung als Ersteinschätzungskraft gemäß § 4 Absatz 1 eingesetzt werden.
(3) Sofern ein Krankenhaus noch keine ZNA im Sinne von § 2 Absatz 2 Satz 3 dieser Richtlinie hat, kann es das Ersteinschätzungsverfahren nach § 5 und die ambulante Notfallbehandlung übergangsweise bis zum 31. Dezember 2026 an einer zentralen und für die Hilfesuchenden gut erkennbaren Stelle im Krankenhaus durchführen. Die Regelungen des Gemeinsamen Bundesausschusses zu einem gestuften System von Notfallstrukturen in Krankenhäusern nach § 136c Absatz 4 SGB V bleiben von dieser Bestimmung unberührt.
(4) Spätestens ab dem 1. Juni 2024 muss das Ersteinschätzungsverfahren des Krankenhauses die Anforderungen nach § 3 Absatz 2 erfüllen. Spätestens ab dem 1. März 2025 muss das Ersteinschätzungsverfahren des Krankenhauses durch ein Ersteinschätzungsinstrument im Sinne von § 3 Absatz 3 unterstützt werden.
SmED ist markterprobt und einsatzbereit. Die Einführung in die bestehenden Prozesse der ZNA, die Schulung der Mitarbeitenden, die Bedarfsanalyse vor Ort und der Abschluss der Lizenz dauern in der Regel zwischen zwei und vier Monaten.
(5) Die Krankenhäuser erhalten ab dem 1. Januar 2024 von der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung die Möglichkeit zur Generierung von TSS-Codes.“
Das Zi unterstützt die ZNA bei der Koordination mit der regionalen Kassenärztlichen Vereinigung. Alle 17 KVen nutzen SmED, sodass ein fallbasierter Patientenaustausch technisch, zur Ausgabe des TSS-Codes, möglich ist.
Probieren Sie SmED aus
Auf dem Informationsportal der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ist SmED als „Patienten-Navi“ in der Version für Patient:innen frei zugänglich.
Kompetenzen und Erfahrungen
Das Zi setzt SmED bereits seit einiger Zeit im Rahmen von Studien in Notaufnahmen ein. Hier stellen wir Ihnen einige Beispiele vor.
Bayern: SmED in der Notaufnahme in Rosenheim
Vernetzung mit Praxen entlastet Notaufnahmen: Minister Holetschek informiert sich über Pilotprojekt
Seit Jahren beklagen Krankenhäuser in Deutschland eine Überlastung der Notaufnahmen. Zu den Ursachen gehört auch eine Fehlinanspruchnahme der Notfallversorgung durch Akutpatientinnen und -patienten, die während der allgemeinen Praxisöffnungszeiten vertragsärztlich behandelt werden könnten. Wie Notaufnahmen durch die Zusammenarbeit mit Praxen vor Ort effektiv entlastet werden können, zeigt ein Pilotprojekt der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) und des RoMed Klinikums Rosenheim. Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek ließ sich heute in Rosenheim praxisnahe Lösungen zur besseren Patientensteuerung zeigen und sieht darin einen wesentlichen Beitrag zu der von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach geplanten Reform der Notfallversorgung.
Bei der Zusammenarbeit zwischen RoMed-Klinikum und KVB wurden alle ankommenden Patienten nach Dringlichkeit priorisiert und in fünf Gruppen eingeteilt: Patienten in den Ersteinschätzungsgruppen „sofort (rot)“, „sehr dringend (orange)“ und „dringend“ (gelb) sowie Patienten, die bestimmte Untersuchungen oder Behandlungen wie zum Beispiel eine Wundversorgung benötigten, werden direkt in der Notaufnahme des Klinikums behandelt. Für Patienten mit den Triagestufen „normal (grün)“ und „nicht dringend (blau)“ wurde durch eine Fachkraft der KVB zusätzlich geprüft, ob eine vertragsärztliche Behandlung möglich ist. Die Fachkraft wurde durch die Software SmED (Strukturierte medizinische Ersteinschätzung in Deutschland) unterstützt. Lag eine Empfehlung zur vertragsärztlichen Behandlung vor, wurde den Patientinnen und Patienten eine Behandlung in einer nahegelegenen Haus- oder Facharztpraxis, sogenannten Kooperationspraxen, angeboten. Die Patientinnen und Patienten wurden umgehend digital in einer geeigneten Kooperationspraxis angemeldet und dort behandelt. Außerhalb der Praxisöffnungszeiten konnte eine große Zahl von Patientinnen und Patienten durch die am Klinikum angesiedelte Ärztliche Bereitschaftspraxis der KVB versorgt werden und damit die Abläufe in der Notaufnahme entlasten. Eine weitere Option, die Behandlung durch einen Vertragsarzt mittels Videosprechstunde über das von der KVB entwickelte System DocOnline, ist bereits in Vorbereitung. Im Kontext der Studie wurde festgestellt, dass ein erheblicher Anteil der Patientinnen und Patienten, die sich selbstständig in der Notaufnahme vorgestellt hatten, auch mittels einer Videotelefonie abschließend behandelt werden konnten.
Klaus Holetschek, Bayerischer Staatsminister für Gesundheit und Pflege: „Ich begrüße die konstruktive Zusammenarbeit von Kliniken und niedergelassenen Ärzten. Das Pilotprojekt in Rosenheim weist den Weg für eine qualitative Verbesserung der Akut- und Notfallversorgung in Bayern und liefert eine Blaupause für geplante Notfallreformen auf Bundesebene. Die bisherigen Ergebnisse deuten darauf hin, dass Notaufnahmen der Kliniken entlastet werden können, so dass mehr Zeit und Ressourcen für Notfälle zur Verfügung stehen. Und die Patienten mit akuten Beschwerden können zeit- und sachgerecht durch Praxen versorgt werden, wo auch eine eventuelle Folgebehandlung möglich ist. Dabei ist die Digitalisierung ein wichtiger Baustein. Denn durch die Videotelefonie und die Telemedizin können sowohl Ärzte als auch Patienten profitieren. Ich ermutige die Kliniken und die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns, diesen Weg fortzusetzen, und würde mir wünschen, dass das Beispiel aus Bayern bundesweit Schule macht.“
Dr. Michael Bayeff-Filloff, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme am RoMed Klinikum Rosenheim: „Dieses gestufte Verfahren kann ein wichtiger Schritt zur Entlastung der Notaufnahmen von weniger schweren Fällen sein. Keine Patientin und kein Patient wird abgewiesen, alle erhalten genau die Versorgung, die für ihr medizinisches Problem notwendig ist. Von den selbsteinweisenden Patientinnen und Patienten kann ein großer Anteil von den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen versorgt werden. Alle Personen mit besonderen Risiken haben wir zudem eindeutig identifiziert. Das heißt: Die Sicherheit von Patientinnen und Patienten und eine gleichzeitige Entlastung unserer Notaufnahme durch enge Kooperation mit der Vertragsärzteschaft sind möglich. Klar ist aber auch: Große Notaufnahmen können das gestufte Verfahren nicht ohne zusätzliches Personal am gemeinsamen Tresen bewältigen.“
Dr. Christian Pfeiffer, Dr. Peter Heinz und Dr. Claudia Ritter-Rupp, Vorstand der KVB: „Das Pilotprojekt in Rosenheim zeigt, dass es völlig kontraproduktiv ist, Patientinnen und Patienten, die mit leicht behandelbaren Fällen die Notaufnahme aufsuchen, auch tagsüber in kliniknahen Bereitschaftspraxen zu versorgen, wie es die Bundesregierung plant. Kooperierende umliegende Haus- oder Facharztpraxen können dies während der Praxisöffnungszeiten deutlich effektiver. Die Kolleginnen und Kollegen müssen dann auch nicht ihre Praxis schließen, um die zu besetzenden Schichten in den Bereitschaftspraxen am Klinikum zu übernehmen. Die KV Bayerns bietet den Kliniken in Bayern hierzu ihre Kooperation an. Die Versicherten sollten aber auch wissen, dass sie bei Unsicherheit, ob der Gang in die Notaufnahme sinnvoll und notwendig ist, auch die Servicenummer 116117 wählen können, um dort bereits eine Ersteinschätzung zu erhalten.“
Dr. Dominik von Stillfried, Vorstandsvorsitzender des Zi: „Die Herausforderung in der Akut- und Notfallversorgung besteht darin, dass die Versicherten zur richtigen Zeit am richtigen Ort behandelt werden. Die Evaluation des Pilotprojekts zeigt, dass dieses Ziel durch die Zusammenarbeit von Notaufnahmen und Praxen erreicht wird. Unterstützt durch geeignete Software ist sie unter Alltagsbedingungen schnell und sicher umsetzbar.“
Dr. Gerald Quitterer, Präsident der Bayerischen Landesärztekammer: „Aus medizinischer Sicht haben die Notfallversorgung und die Akutversorgung unterschiedliche Aufgaben. Im Notfall müssen potenziell lebensbedrohliche Zustände aufwändig diagnostiziert und schnell behandelt werden. In der Akutversorgung sollen Patientinnen und Patienten zeitgerecht Linderung von gesundheitlichen Beschwerden erhalten. Teils reicht hier eine eingehende ärztliche Beratung, teils geht es um ein komplexeres Krankheitsgeschehen, sodass die Behandlung in die ambulante Regelversorgung eingebettet bleiben sollte. Eine strukturierte medizinische Ersteinschätzung der Behandlungsanliegen und eine Lenkung an den richtigen Behandlungsort ermöglicht beiden Bereichen, der Notfall- und der Akutversorgung, effizient und zum Wohle der Patientinnen und Patienten zu arbeiten. Daher unterstützt die Bayerische Landesärztekammer das Pilotprojekt in Rosenheim nicht nur als Lösungskonzept für Bayern, sondern auch als einen möglichen bundesweiten Ansatz.“
Christina Leinhos, stv. Geschäftsführerin Bayerische Krankenhausgesellschaft e. V. (BKG): „Patientensteuerung ist der Schlüssel, um die Notaufnahmen in den Krankenhäusern zu entlasten, wie das Modellprojekt zeigt. Denn Patientinnen und Patienten denken nicht in Sektoren – durch eine enge Zusammenarbeit des RoMed Klinikums Rosenheim mit niedergelassenen Fach- und Hausärzten können Hilfesuchende rasch in die geeigneten Versorgungsstrukturen gelenkt werden. Wir freuen uns, dass man hier in Rosenheim mit guten Ideen vorangegangen ist.“
Berlin und Sachsen: Patient:innensicherheitsstudie
Im Zusammenarbeit mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin und dem Uniklinikum Leipzig wird eine klinische Studie zur Patientensicherheit von SmED Kontakt+ durchgeführt.
Die Ergebnisse werden zeitnah publiziert.
Brandenburg: SmED am Gemeinsamen Tresen in Nauen
Der Einsatz von SmED am gemeinsamen Tresen im Krankenhaus Nauen, Landkreis Havelland, der sowohl der Zentralen Notaufnahme als auch der KV-Bereitschaftspraxis vorgeschaltet ist, wird gerade begleitend evaluiert. Hier ersetzt SmED die zuvor evaluierte Checkliste Akut- und Notfallversorgung als Tool zur Unterstützung der Steuerungsentscheidung. Die Datenerfassung erfolgte im Jahr 2023.
Die Analyse der Daten wird im 2. Quartal des Jahres 2024 durchgeführt.
Bremen: SmED am KV-Tresen in der Notaufnahme
In Bremen wird ein KV-Tresen 24/7 in einem Krankenhaus betrieben, über den selbstständig eintreffende Patient:innen gesteuert werden. Hier kommt SmED zur Unterstützung der Steuerungsentscheidung zum Einsatz und eine begleitende Evaluation findet statt.
Erste Datenauswertungen werden durchgeführt.
Hamburg: SmED am KV-Tresen in der Notaufnahme
In Hamburg wird ein KV-Tresen 24/7 in einem Krankenhaus betrieben, über den selbstständig eintreffende Patient:innen gesteuert werden. Hier kommt SmED zur Unterstützung der Steuerungsentscheidung zum Einsatz und eine begleitende Evaluation findet statt.
Die Datenauswertung ist beendet und der Evaluationsbericht wird derzeit erstellt.
Hessen: SmED am Gemeinsamen Tresen in Frankfurt Höchst
Der Einsatz von SmED am gemeinsamen Tresen im Klinikum Höchst, der sowohl der Zentralen Notaufnahme als auch der Bereitschaftspraxis vorgeschaltet ist, wird gerade begleitend evaluiert. Hier ersetzt SmED Kontakt+ die zuvor evaluierte Höchster Liste als Tool zur Unterstützung der Steuerungsentscheidung. Mit Ausnahme von BG-Fällen, privat versicherten Patient:innen sowie Einweisungen werden 2023 alle erwachsenen Patient:innen in die Evaluation einbezogen.
Im Anschluss erfolgt die Analyse der Daten durch das Zi.
Rheinland-Pfalz: SmED in einer allgemeinmedizinischen Praxis an der Notaufnahme der Uni Mainz
In der Allgemeinmedizinischen Praxis am Campus (APC) wurde die Telefonversion von SmED bereits im Rahmen des DEMAND Projektes, das vom Innovationsfonds gefördert wurde, eingesetzt. Seitdem hat ein Wechsel auf die Tresenversion Kontakt+ stattgefunden.
Zur Zeit erfolgt die Auswertung der SmED-Daten in Verknüpfung mit den Daten aus dem Praxisverwaltungssystem der APC.
Schweiz: Patient:innensicherheitsstudie
Von 2020 bis 2022 wurde eine klinische Studie am Kantonspital Baden durchgeführt. In der Notaufnahme haben sich Patient:innen der ESI-Stufen 2-5 über ein Tablet mit der Schweizer Patient:innenversion von SmED selbsteingeschätzt. Im Nachgang wurde die Zusammenfassung des Assessments sowie der Entlassungsbericht nach einem speziellen Verfahren von 3 unterschiedlichen Expertenpanels bewertet. Die Bewertung hat ergeben, dass der Anteil an Ersteinschätzungen, die zu einer Gesundheitsschädigung der Nutzenden hätte führen können, geringer ist als beim State of the Art. Demnach kann der Einsatz von SmED die medizinische Ersteinschätzung sicherer machen.
SmED für Ihre Organisation
Sie möchten SmED genauer kennenlernen und für Ihre Organisation ausprobieren? Gerne stellen wir Ihnen SmED in der für Ihren Anwendungszweck passenden Version vor und beantworten Ihre Fragen.
SmED basiert auf dem seit Jahren in der Schweiz etablierten evidenzbasierten Swiss Medical Assessment System (SMASS). SMASS wird insbesondere in der telemedizinischen Betreuung von akuten Behandlungsanliegen der Krankenversicherten eingesetzt. Neue Abfrageprotokolle werden auf Basis von internationaler Evidenz entwickelt. Medizinische Kontroversen zu den Inhalten werden von einem internationalen Panel medizinischer Experten kritisch hinterfragt und bewertet.
Für Deutschland arbeitet das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) seit 2018 mit den Entwicklern von SMASS an Modifikationen und Ergänzungen, damit die Software optimal im deutschen Kontext eingesetzt werden kann. Dafür hat das Zi auch einen wissenschaftlichen Beirat eingerichtet, der die Entwicklung von SmED fortlaufend mit seiner Expertise unterstützt. Er besteht u. a. aus Vertretern von niedergelassenen Haus- und Fachärzt:innen sowie von der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e. V. (DIVI).
Ziel ist eine kontinuierliche, feedbackgetriebene Weiterentwicklung der Software unter stetiger Berücksichtigung der Patient:innensicherheit, der Anwenderfreundlichkeit und der medizinischen Evidenz.